Mallorca
Da muss ich zugeben, dass ich ein „Spätzünder“ bin! Mallorca kannte ich noch nicht und das ist jetzt nach dem ersten Erleben einfach schade.
Die Insel hat viel zu bieten und das Vorurteil „Ballermann“ überhaupt nicht verdient. Wenn man diesen Ort weglässt, ist Mallorca liebenswürdig, außergewöhnlich sauber, geschichtsträchtig, freundlich. Es hat eine Infra-Struktur, die ihresgleichen in Südeuropa sucht. Das Straßennetz ist untadelig, von A nach B zu kommen wird sehr leicht gemacht. Man hat vieles auf der Insel naturbelassen und ist auch im allgemeinen besser zu den Tieren als im übrigen Südeuropa.
Ein paar Ausnahmen haben wir dokumentiert und den Tierschutzorganisationen auf der Insel zur Verfügung gestellt.
In den Gebirgsteil der Insel ist man leicht und schnell verliebt. Es gibt wunderbare Ziele dort. Ganz oben steht die Schlucht Sa Calobra, die es sehr gut mit Alpenpässen aufnehmen kann, der westlichste Punkt der Insel Cap Formentor mit einer atemberaubenden Anfahrt. Es gibt das wunderschöne Valldemosa, das schon Frederic Chopin und George Sand ein knappes halbes Jahr als Ort wunderbaren Schaffens gewählt hatten. Das Kloster Lluc ist sehenswert, San Salvador mit seiner Christusfigur über dem Land und dem schönen Kloster sollte besucht werden. Porto Sollér und Porto Christo sind Besuche wert, wenn man nicht der Fan der Orte mit Hotelburgen ist. Die beiden Riesenhöhlen von Porto Christo (Drachhöhlen) und von Arta sind einfach gigantisch und suchen ihresgleichen. Wenn man sie mit klassischer Musik und ein einem gekonnten Lichtspiel erlebt hat, tun einem die 14 Euro Eintritt überhaupt nicht Leid.
Wir lieben Friedhöfe und waren auf Mallorca reichlich enttäuscht, denn in den kleinen Dörfern sind diese Friedhöfe lieblos und vernachlässigt, also keine gute Visitenkarte für den Ort. Nur in den etwas größeren Städten findet man Friedhöfe von Aussagekraft über die Zeiten, oft von Mitte des 19. Jahrhunderts an und dazu noch super-gepflegt, ein solches Beispiel ist der Ort Pollencia. Diese Kleinstadt ist insgesamt sehr sehens- aber äußerst schwierig befahrenswert, denn sie hat extrem enge Gassen und einen Wirrwarr von Einbahnstraßen.
Unbeleckt von Erfahrungen fährt man nach s’Arenal und findet vor, was man in seinen kühnsten Träumen nicht dachte: einen Ort einer Primitivität, die kaum zu unterbieten geht. Die Architektur hat diesen Namen nicht verdient, ein gutes Viertel der Touristen lebt neben Baustellen von sogenannten „Hotels“, es gibt eine primitive Anmache der Kneipen-Animateure, eine schöne Promenade, die überhaupt nicht gepflegt wird. Die Leute, die diesen Ort schätzen, sehen wahrscheinlich das kniehohe Unkraut nicht. Es gibt eine „Schinkenstraße“, Lokale, die mit einem „Superstar“ aufwarten, der einmal der Bauer in „Bauer sucht Frau“ von RTL war, T-Shirts und Axelhemden mit Texten, die nur Menschen gefallen können, die niemals eine Schule besucht haben. Die Sprüche lassen sich einfach nicht wiedergeben, sie sind zu vulgär. Quadratmeter über Quadratmeter von Tätowierungen auf teils dicken Menschenleibern, betrunkene Menschen en masse– man flieht spätestens dann, wenn man das sieht, was Menschen den „Ballermann“ nennen.
Nein, der Ort ist keine weitere Beschreibung wert!
Palma haben wir auch mit gemischten Gefühlen angesehen. Die Kathedrale schaut von außen nett aus und ist ein schönes Fotomotiv. Aber 7 Euro Eintritt sind schon happig! Da fällt einem die Story von einem gewissen Jesus mit den Geschäftemachern im Tempel ein ……. Besonders ist die Kirche besonders vormittags und mittags durch ihr mildes buntes Licht, das von dem Rosettenfenster herrührt, wenn die Sonne darauf scheint. Auch der Baldachin von Gaudi über dem Altar ist ein Kunstwerk, aber insgesamt ist die Kirche schon ein Sammelsurium von Stilen. Die Stadt ist nett, von schönen Lokalen in den Gäßchen gesäumt, hat eine schöne Markthalle, ein ebenso schönes Rathaus und ein paar wenige dafür traumhafte Jugendstilfassaden, ist aber ansonsten so wie viele Städte — eben ohne besondere Höhepunkte.
Beliebt sind die Märkte in vielen Orten der Insel, sie haben immer noch Flair, aber die Waren sind meist das Heimtragen nicht wert, zum einen, weil sie in Asien hergestellt werden und von geringer Qualität sind, zum anderen weil für Gemüse und Obst Preise verlangt werden, die nahezu doppelt so hoch sind wie in Deutschland. Beispiel ist eine Avocado für nahezu 5 Euro. Aber innerhalb des Markttreibens in einem Café an der Straße zu sitzen, ist schon ein Vergnügen.
Fazit: Mallorca auf dem Lande in einer schönen Finca, im Gebirge und an urwüchsigen Örtchen auf dem Lande und am Meer ist eine Perle. Diese Perle hat den „Ballermann“ und die Dummheit, die er verkörpert, nicht verdient. Man meidet diesen Ort halt. Wie schön ist es dagegen, an einem lauen Frühlingsabend im „El Puerto“ bei Marcos, Cala Radjada, einer richtigen schönen Familiengaststätte, bei Paella zu sitzen!
Mallorca, wir sehen Dich irgendwann zur Frühlingszeit wieder und werden wieder im Osten unsere Station machen!
Zum Appetitmachen ein paar schöne Bilder:
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