Ein Erfolgsmodell:
Die Jahresrückblicke

Es fing an im Jahre 1973. Da war ich gerade Standesbeamter geworden und sollte auch ein Archiv aufbauen.

Mein Chef, Gemeindedirektor und Ehrenbürger Josef Esser, animierte mich, einen Stenoblock im Schreibtisch zu haben und alles aufzuschreiben, was die Nachwelt lesen sollte.

Damals stand das Mitteilungsblatt der Gemeinde Weilerswist in Blüte und war sehr beliebt. Es hatte nur wenig Werbung und Parteien war es ausdrücklich untersagt, sich im Mitteilungsblatt zu äußern — herrliche Zeiten!!!
Ein besonderes Augenmerk galt den Ehe- und Altersjubiläen. Ich führte hunderte von Interviews mit alten Menschen, organisierte und dokumentierte Besonderheiten wie eine Gnadenhochzeit oder den ersten hundertsten Geburtstag.
Jeder, der einen Geburtstag ab 90 feierte, durfte sich eines Bildglückwunsches sicher sein.

Heute: Glückwünsche sind nur in Millimetergröße vorhanden, für Senioren – auch für mich – nur mit Lupe lesbar. Dazu lieblos und verächtlich. Man überging in 2020 sogar den 100. Geburtstag des einzigen, Anfang 2021, als dieser Text entstand, noch lebenden Ehrenbürgers von Weilerswist, Armand Conan aus der Partnerstadt Carqueiranne, völlig.

Weilerswist eben!

Jedenfalls habe ich alle Meldungen aus der großen Welt, alle Katastrophen, alle politischen Entscheidungen und auch eben die lokalen Ereignisse zusammengefasst.
Sie wurden in der letzten Ausgabe des Jahres im Mitteilungsblatt in der
Weihnachtswoche veröffentlicht. Noch heute existieren bei Weilerswistern die
Zeitungsausschnitte.

Ab 2007 habe ich den Jahresrückblick nur einem kleinen Kreis zugänglich gemacht, nachdem man mich in Weilerswist in meinen Ämtern nicht mehr brauchte.

Seit 2011 gibt es nun die Zusammenfassungen auf meiner Homepage. Die Zugriffe zählen nach tausenden. Wenn ich nicht gleich am ersten Wochenende des neuen Jahres präsent bin, dann kommen die Anfragen aus nah und fern, auch von mir völlig unbekannten Menschen.

Mittlerweile stelle ich den Meldungen eines Jahres meine persönliche Zusammenfassung voran. Sie muss ja zwangsläufig subjektiv sein.
Aber sie führt zu Diskussionen auf hohem Niveau, ganz weg von „Schmartphone“ oder Alexa. Monatelang tausche ich mich mit Menschen aus und gewinne dabei auch immer neue Bekannte. Sehr wichtig in einer Zeit, wo die Dummheit die Oberhand hat!

Ich wünsche allen Lesern viel Freude bei der Lektüre, beim Vergleichen mit
Vorjahren und mir viele Rückmeldungen. Aus abweichenden Meinungen kann man ganz besonders lernen.

Ich freue mich darauf.